Die Comicreihe MORT CINDER, geschrieben von Héctor Germán Oesterheld (* 1919 – † 1978?) und illustriert von Alberto Breccia (* 1919 – † 1993), gilt als eines der Meisterwerke des Comicgenres. Die ursprünglich zwischen 1962 und 1964 veröffentlichte Serie verbindet tiefgründiges Storytelling mit außergewöhnlicher, grafischer Kunst.
Im Zentrum der Geschichte steht Mort Cinder, ein geheimnisvoller, unsterblicher Mann, der durch die Jahrhunderte reist und auf seinem Weg auf bedeutende historische Ereignisse und Figuren trifft. Begleitet wird er von dem Antiquitätenhändler Ezra Winston, der als Erzähler fungiert und den Leser in die düstere, nachdenkliche Welt von Mort Cinder einführt.
In der Serie verwebt Oesterheld meisterhaft Abenteuer, Historie und existenzielle Fragestellungen. Die Episoden sind sowohl spannende Geschichten als auch Reflexionen über menschliche Schwächen, Gewalt und Macht. Mort Cinder ist dabei weniger ein Held im klassischen Sinne, sondern eine Figur, die Leid und Weisheit verkörpert und die Ambivalenz menschlicher Taten aufzeigt.
Ein besonderes Highlight von Mort Cinder ist die künstlerische Gestaltung durch Alberto Breccia. Seine detaillierten, expressiven Schwarz-Weiß-Zeichnungen verleihen der Serie eine unheimliche, bedrückende, fast surreale Atmosphäre. Düstere Schattierungen, präzise Mimik und dynamische Bildkompositionen unterstreichen die emotionale Tiefe der Erzählung. Breccias Stil war schon damals innovativ und wegweisend und seine expressive Arbeit in MORT CINDER gilt bis heute – zurecht – als ein Meilenstein in der Comic-Kunst.
Laut Verlagsangaben wurden die Originalseiten für diese Gesamtausgabe neu gescannt, um eine bestmögliche Reproduktion zu gewährleisten. Dies ist den Verantwortlichen gelungen. Auch kommt dem Artwork das Großformat von 22,5 x 29,5 cm sehr entgegen.
Ursprünglich wurde die Serie im Misterix-Magazin veröffentlicht. Das Misterix war ein Comic-Magazin, das zwischen 1948 und 1965 in Argentinien von Editorial Abril und später Editorial Yago mit 859 Ausgaben veröffentlicht wurde. Er war Teil des goldenen Zeitalters der Argentinien-Comics. Im Laufe seiner Geschichte wechselte das Magazin mehrfach sein Format von Hoch- in Querformat und wieder zurück. Diesen Wechsel bilden die Seiten des Bandes ebenfalls ab.
MORT CINDER war seiner Zeit weit voraus und hat die Grenzen des Mediums Comic entscheidend erweitert. Besonders bemerkenswert ist, dass die philosophischen und humanistischen Elemente von Oesterhelds Schreibstil in der oft rauen und düsteren Welt von MORT CINDER so klar hervortreten.
Die Tragik von Oesterhelds eigenem Schicksal – er wurde während der argentinischen Militärdiktatur verschleppt und ermordet – verleiht seinem Werk eine zusätzliche Ebene der Bedeutung. Den Männer mit den bleiernen Augen konnte er nicht länger ausweichen …
Comics und sequentielle Kunst interessieren mich wegen der grafischen Arbeiten. Mit MORT CINDER habe ich ein Werk gefunden, dass mich vom ersten Augenblick an in sich hinein gezogen und fasziniert hat. Die Serie zeigt, dass Comics nicht nur einfache Unterhaltung sein
müssen, sondern als Kunstform in der Lage sind, komplexe, literarische
Themen anspruchsvoll zu behandeln.
Leider ist diese Kunstform, gesellschaftliche Themen in regelmäßigen Intervallen in der Presse zu behandeln, aus der Mode gekommen. Sehr schade.
Die Gesamtausgabe MORT CINDER ist 2023 im avant-Verlag erschienen.
Mort Cinder . Gesamtausgabe