Cover von EIN HUNDELEBEN

EIN HUNDELEBEN – Figuren, die ans Herz gehen

EIN HUNDELEBEN von Matthias Arégui entführt uns in eine charmante, bittersüße Welt, in der ein Hund mehr ist als nur der beste Freund seines Menschen. Im Mittelpunkt steht John Morose, ein Maler, der den Anschluss an den Erfolg längst verloren hat. Sein Alltag wirkt grau, seine Kunst stagniert. Ihm fehlt Inspiration.

Doch als ein kleiner Hund in sein Leben tritt, beginnt sich alles zu verändern. Der neue Begleiter bringt frischen Wind in Morose’s Routinen. Plötzlich blüht der Künstler auf und findet sogar wieder Freude an seiner Arbeit. Doch das Glück bleibt fragil.

In der Nachbarschaft lebt Dubonheur, ein erfolgreicher Maler mit großem Ego und – Vorsicht: Klischee! – einer Katze als Muse. Und ja, die beiden sind wie Hund und Katze. Dubonheur beobachtet Morose wahrlich von oben herab und argwöhnisch. Schnell entwickelt sich eine Rivalität, die weit über einen künstlerischen Wettstreit hinausgeht. Dubonheur versucht, Morose gezielt zu manipulieren und dessen Erfolge zu sabotieren. Und natürlich wird dabei die Katze zur listigen Gegenspielerin des Hundes. Die Geschichte ist somit auch eine Erzählung darüber, wie der eigene Erfolg nicht nur von den persönlichen Fähigkeiten sondern auch vom Tun anderer abhängen kann. Ich sage nur: goldene Pinsel!

Die Geschichte von EIN HUNDELEBEN lebt von feinen Zwischentönen. Humor und Tragik liegen dicht beieinander. Rückblenden in kühlen Blautönen geben Einblicke in Morose’s und Dubonheur’s Vergangenheit. Demgegenüber leuchtet die Gegenwart in kräftigen Farben.

Arégui schafft es, auf wenigen Seiten eine dichte Atmosphäre zu erzeugen. Die Handlung bleibt gefällig, ohne sich in echten Klischees zu verlieren. Wir begleiten Morose durch Höhen und Tiefen, fiebern mit ihm und entdecken an ihm immer neue Facetten. Die Rivalität zwischen Hund und Katze spiegelt dabei auch die ewige Frage wider, wer wohl der / die bessere Begleiter(in) des Menschen ist. (Ich wage zu behaupten, dass Arégui hierzu eine klare Meinung hat.)

Innenseite 1 von EIN HUNDELEBEN

 

Rivalität als Motor der Handlung

Die narrative Struktur von EIN HUNDELEBEN überzeugt durch ihre recht einfache, klare Linie, gewürzt durch einige wenige, überraschende Wendungen. Arégui setzt auf eine klassische Drei-Akt-Struktur, die hier dennoch frisch erscheint. Der Einstieg zeigt Morose in aller Tristesse. Mit dem Auftauchen des Hundes beginnt der Wandel. Die Beziehung zwischen Mensch und Tier steht im Mittelpunkt, doch sie bleibt nicht statisch.

Die Handlung entwickelt sich ruhig und organisch. Jeder Schritt wirkt nachvollziehbar. Arégui verzichtet auf Hektik und übertriebene Dramatik. Stattdessen baut er Spannung durch kleine Gesten und subtile Konflikte auf. Die Rivalität mit Dubonheur eskaliert langsam, aber stetig. Missgunst, Neid und Eifersucht werden greifbar, ohne plakativ zu wirken.

Besonders gelungen ist sein Umgang mit Zeitsprüngen. Rückblenden fügen sich harmonisch ein und geben uns Orientierung. Die Farbgestaltung unterstützt diesen Effekt. Die Gegenwart strahlt in kräftigen Farben, während die Vergangenheit in sanften Blautönen schimmert.

Der Story-Arc bleibt bis zum Schluss auf seine Art ansprechend. Arégui spielt mit unseren Erwartungen, ohne sie im Lauf der Handlung zu enttäuschen. Die Geschichte bleibt offen für Interpretationen. Wir dürfen selbst entscheiden, was wir aus Morose’s Weg mitnehmen. EIN HUNDELEBEN wird so zur Einladung, über Freundschaft und Rivalität im Allgemeinen sowie Kunst im Speziellen nachzudenken.

 

Innenseite 2 von EIN HUNDELEBEN

Der feine Strich

Matthias Arégui, geboren 1984 in Straßburg, ist längst kein Unbekannter mehr in der europäischen Comic-Szene. Nach seinem Abschluss an der École supérieure des arts décoratifs arbeitete er für verschiedene Magazine und veröffentlichte mehrere Kinder- und Jugendbücher, oft gemeinsam mit Anne-Margot Ramstein. Zu seinen bekanntesten Werken zählen AVANT APRÈS, das 2013 mit dem Bologna Ragazzi Award – Kinderbuchpreis ausgezeichnet wurde, und PAPAYOU, eine poetische Fabel über Freundschaft und Eifersucht unter Affen.

Arégui versteht es, komplexe Themen in einfache, aber emotional berührende Geschichten zu verwandeln. Sein Stil ist geprägt von klaren Linien und schlichten Farben. In EIN HUNDELEBEN übernimmt er erstmals sowohl das Szenario, als auch die Zeichnungen und die Farben. Das Ergebnis ist ein stimmiges Gesamtwerk, das deutlich seine Handschrift trägt.

Seine Figuren wirken lebendig, ihre Emotionen nachvollziehbar. Arégui setzt auf reduzierte, aber ausdrucksstarke Mimik. Die Bildsprache ist zugänglich. Besonders auffällig ist die liebevolle Detailarbeit, die in jedem Panel steckt.

Mit EIN HUNDELEBEN beweist Arégui seine Vielseitigkeit. Er bleibt seinem Stil treu, wagt aber auch neue Wege. Die Mischung aus Humor, Melancholie und Gesellschaftskritik macht den Comic zu einem schönen Lesevergnügen.

 

Innenseite 3 von EIN HUNDELEBEN

Rivalen, Freunde, Gefährten

Die Figuren in EIN HUNDELEBEN sind detailliert ausgearbeitet. John Morose ist ein sensibler, verletzlicher Künstler, dessen Entwicklung und Frustration glaubhaft und nachvollziehbar ist.

Der Hund ist nicht nur Sidekick, sondern der eigentliche Motor der Handlung. Er bringt Morose dazu, sich selbst neu zu entdecken.

Dubonheur, der erfolgreiche Nachbar, ist ein vielschichtiger Antagonist. Seine Eitelkeit und sein Ehrgeiz machen ihn einerseits unsympathisch, andererseits aber auch menschlich. Die Neid getriebene Rivalität zwischen ihm und Morose wirkt echt, auch wenn mir nicht wirklich klar wurde, worin sie eigentlich ihren Ursprung hat. Aber vielleicht handelt es sich auch nur um eine Form des Narzissmus, der niemand anderen neben sich duldet.

Gelungen ist die Darstellung der beteiligten Tiere: der Hund als treuer Begleiter, die Katze als listige Gegenspielerin. Beide bringen auf ihre Art Humor und Dynamik in die Geschichte.

Die Charakterentwicklung erfolgt in kleinen Schritten. Arégui nimmt sich Zeit, die Beziehungen wachsen zu lassen. Freundschaft, Eifersucht, Hoffnung und Enttäuschung werden spürbar. Wir können uns mit den Figuren identifizieren, ohne dass diese ihre Geheimnisse völlig preisgeben.

EIN HUNDELEBEN zeigt, wie vielschichtig und authentisch Comic-Charaktere sein können. Die Balance zwischen Komik und Ernst gelingt Arégui mühelos.

 

Innenseite 4 von EIN HUNDELEBEN

Fazit

EIN HUNDELEBEN ist eine kleine Überraschung. Matthias Arégui gelingt es, eine vielschichtige Geschichte mit feinem Humor, berührender Melancholie und gesellschaftskritischen Untertönen zu erzählen. Die Figuren schleichen sich ins Herz, die Zeichnungen laden zum Verweilen ein. Ja, das Klischee, dass Hunde Herrchen haben und Katzen Personal, findet sich auch hier. Geschenkt.

Der Comic eignet sich sowohl für erfahrene Leserinnen und Leser als auch für Einsteiger. Wer Lust auf eine originelle, liebevoll gestaltete Graphic Novel hat, der zügigen Lesespaß verspricht, sollte EIN HUNDELEBEN nicht verpassen. Die Rivalität zwischen Hund und Katze, die feinen Zwischentöne und die künstlerische Qualität machen das Werk zu etwas Besonderem.

Also: Lesebrille auf, den eigenen Hund streicheln und eintauchen. EIN HUNDELEBEN gehört definitiv auf den eigenen Lesestapel.

 


Cover von EIN HUNDELEBEN

EIN HUNDELEBEN

© Edition Moderne Verlag | Hardcover | 120 Seiten | Farbe

Storyline:  ★★★☆☆

Zeichnungen: ★★★☆☆

Farben: ★★★☆☆

Lettering: ★★★☆☆

Humor: ★★☆☆☆

Meine persönliche Bewertung: ★★★☆☆

ISBN: 978-3-03731-275-9

Informationen zu den Bildrechten findest Du hier.

 

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